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Historische Geographie und GIS
GIS-gestützte historisch-geographische Untersuchung im Umfeld ausgewählter frühkeltischer Fürstensitze
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Projektbeschreibung



Einleitung

Durch die massiven Überprägungen, der die Kulturlandschaften Mitteleuropas vor allem seit dem Beginn der Industrialisierung unterworfen waren, sind viele vorgeschichtliche Strukturen heute obertägig verschwunden, teilweise sind sie noch nicht einmal archäologisch mehr fassbar. Zur Rekonstruktion dieser Landschaftsstrukturen tragen neben Landschaftsbeschreibungen auch historisch belegte Nutzungsformen bei, da so Rückschlüsse auf die historische Ausbeutung natürlicher Ressourcen und die Wirtschaftsweise möglich werden. Hinweise auf historische Landschaftselemente bzw. Nutzungsformen lassen sich in Altkarten oder schriftlichen Archivquellen ausfindig machen. Wegen des hohen Aufwandes, der mit einer umfassenden Archivrecherche verbunden ist, bleiben diese Quellen jedoch oftmals ungenutzt. Mit Hilfe von Geoinformationssystemen können historische Informationen, die durch Archivrecherchen gewonnen wurden, verortet und in Verbindung mit Geobasisdaten (digitale topographische Karten, digitales vektorbasiertes Landschaftsmodell, digitale Orthofotos, digitales Geländemodell) und weiteren Fachdaten (aus Archäologie, Geologie etc.) analysiert und präsentiert werden. Dadurch werden räumliche Strukturen erkennbar, die bislang meist wenig berücksichtigt wurden. Damit soll das Projekt belegen, dass die historisch-geographische Herangehensweise an eine primär archäologische Fragestellung unter Zuhilfenahme eines GIS als zeitgemäßem Hilfsmittel zur Bearbeitung räumlicher Fragestellungen neue Erkenntnisse liefern kann.
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Projektziele

An den ausgewählten Standorten wird je eine lokale und eine regionale Untersuchungsebene unterschieden:
  • Auf der lokalen Untersuchungsebene sollen neue Erkenntnisse bzgl. der historischen Topographie, d.h. der Größe und der internen Struktur der untersuchten Fürstensitze gewonnen werden. Dazu wird in bis zu einem Kilometer Entfernung vom jeweiligen Fürstensitz nach heute nicht mehr vorhandenen Wällen, Gräben, Grabhügeln, aber auch Wegen, Brücken, Furten etc. gesucht. Grundlage hierfür sind vor allem frühe großmaßstäbige Katasterwerke sowie ergänzende schriftliche Quellen, die möglichst detailliert beschreibende Informationen liefern wie etwa Lagerbücher, Inspektions- oder auch Gerichtsprotokolle.
  • Die Untersuchungen auf der regionalen Ebene haben die Herausarbeitung naturräumlicher Standortfaktoren bis zu einer Entfernung von etwa 10 Kilometern zum Ziel, die bei der Genese und Entwicklung der Fürstensitze eine Rolle gespielt haben könnten. Dazu werden Informationen zu historisch belegten Nutzungsformen etwa bezüglich des Abbaus von Bodenschätzen, der Landnutzung oder der Nutzung natürlicher Verkehrsadern in neuzeitlichen Altkarten und schriftlichen Quellen gesammelt
Die erhobenen Daten aus beiden Untersuchungsebenen werden in Verbindung mit ihrem Raumbezug in einer Datenbank abgelegt und so in die GIS-Analyse integriert.
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Methoden

Archivrecherche
Um Archivquellen für eine Fragestellung zu einem bestimmten geographischen Raum zu nutzen, muss zunächst geklärt werden, wo die entsprechenden Bestände zu finden sind. Deren Gliederung geht meist auf ehemalige territoriale und administrative Einheiten zurück, sodass diese oftmals auf mehrere Standorte verteilt sind. Eine genaue Kenntnis der Territorialgeschichte ist daher grundlegende Voraussetzung. Da sich die Arbeit im Archiv sehr zeitaufwändig gestaltet, ist eine vorausgehende gründliche Recherche zur Auswahl geeigneter Archivalien unerlässlich. Zudem lassen sich viele Texte nicht ohne paläographische Kenntnisse lesen; oftmals ist eine Transkription sinnvoll. Ist eine geeignete Quelle gefunden, sollte deren Aussage möglichst durch weitere Quellen bestätigt werden.


Aufbereitung historischer Karten für GIS
Um eine historische Karte in einem Geoinformationssystem verfügbar zu machen, muss diese zunächst gescannt werden, d.h. die Daten werden in einem Rasterformat gespeichert. Anschließend ist über die Identifizierung möglichst vieler Passpunkte eine Georeferenzierung der Karte möglich. Dadurch werden den Rasterzellen Koordinatenwerte zugewiesen und die historische Karte durch spezielle Transformationen in das Gauß-Krüger-Koordinatensystem der Landesvermessung eingepasst. Um die Informationen aus einer georeferenzierten historischen Karte zu gewinnen, die in einem GIS verarbeitet werden können, müssen diese Informationen (z.B. Waldflächen oder Straßennetz) vektorisiert werden. Dieser Vorgang muss bei historischen Karten meist manuell erfolgen.


Aufbau einer Geodatenbank
Alle historischen Landschaftselemente bzw. Nutzungsformen werden als Punkte, Linien oder Flächen mit entsprechenden Koordinaten und weiteren Informationen in einer Geodatenbank abgelegt. Hier werden neben Bezeichnung und Quellengattung auch Datierung, Aussage und Interpretation gespeichert. Bei der digitalen Extraktion von Informationen aus historischen Karten, die vor den flächendeckenden Landesaufnahmen durchgeführt wurden, muss immer bedacht werden, dass es sich hier nur um ein scheinbar getreues Abbild der landschaftlichen Verhältnisse geht. Bei der weiteren Verwendung raumbezogener historischen Daten (die auch auf schriftliche Quellen basieren können) im GIS werden diese daher, je nach Genauigkeit in unterschiedliche Kategorien eingeteilt (bis ca. 50 m, flurstücksgenau, gewanngenau, Verortung nur grob möglich). Die erfassten Daten sollen nach Abschluss der Arbeiten den zuständigen Denkmalpflegebehörden bereitgestellt werden.


GIS-Analyse
Sind alle relevanten Daten erhoben und aufbereitet, können diese im GIS mit Geobasisdaten oder weiteren Fachdaten analysiert werden. Oft ergibt schon die Überlagerung von georeferenzierten historischen Karten mit aktuellen Geodaten (vektor- oder rasterbasiert) neue Informationen bzgl. im Gelände vorhandener Relikte (Topographie, Flurstücksgrenzen, Flurnamen). Des Weiteren wird auch eine Verschneidung von aus Altkarten gewonnenen Vektordaten mit aktuellen Vektordaten vorgenommen, z.B. um die Entwicklung von Waldflächen oder Verkehrswege zu dokumentieren oder um die räumliche Verteilung historischer Kulturlandschaftselemente in Bezug auf natürliche Grundlagen wie Boden- oder Gesteinseinheiten zu erklären. Interessante Informationen ergeben sich auch aus der Anlage von Pufferzonen etwa um (ehemalige) Gewässer- oder Straßenverläufe und deren Verschneidung mit historischen Kulturlandschaftselementen.
Der Einsatz eines GIS ermöglicht auf diese Weise eine Raumanalyse, die auf der Integration digitalisierter historischer Informationen in bereits verfügbare raumbezogene Daten beruht.

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Letzte Änderung: 28.04.2009