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Fürstensitze und Umland
GIS-gestützte Untersuchungen "frühkeltischer Fürstensitze" und ihres Umlandes
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Laufende Arbeiten



Aktuell

Die Ergebnisse der Arbeiten des Projektes "Fürstensitze" & Umland werden derzeit zur Publikation vorbereitet, Erscheinungsort und -datum stehen noch nicht fest. Publikationen zu einzelnen Teilaspekten finden Sie in der Rubrik "Publikationen".

Vorträge aus dem Projekt "Fürstensitze" & Umland:
  • A. Posluschny, Vortrag an der Universität Hamburg am 23.6.2010.
  • A. Posluschny, Vortrag beim Kolloquium Praehistoricum der Universität Frankfurt am 29.6.2010
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Abgeschlossene Arbeiten

Nachdem die Datenaufnahme für die drei ersten Projektregionen (Maindreieck - "Fürstensitz" Marienberg/Würzburg; Wetterau - "Fürstensitz" Glauberg; Oberschwaben - "Fürstensitz" Heuneburg) abgeschlossen waren und die wichtigsten naturräumlichen Daten vorlagen, konnte mit den ersten Analysen mit Hilfe Geographischer Informationssysteme begonnen werden. Vornehmliches Ziel war es zunächst, die bevorzugten naturräumlichen Standortparameter aller urnenfelder-, hallstatt- und frühlatènezeitlichen Fundstellen (Siedlungen und Gräber) in den jeweiligen Arbeitssgebieten zu ermitteln und nach auffälligen Abweichungen von diesen "Standards" zu suchen.

In der ersten Projektphase wurden vornehmlich die zahlreichen archäologischen und naturräumlichen Informationen erfasst und in ein gemeinsam auswertbares Format übertragen. Neben den Informationen zu den einzelnen Fundplätzen gehören dazu umfangreiche topographische Daten (Höhendaten [sog. Digitale Geländemodelle], Hangneigung, Hangausrichtung, Gewässernetz, ...), Bodendaten (Bodengüte, Ertragspotential, ...) und auch Klimadaten [Jahresniederschlag, Frühlings- und Herbstbeginn).
die archäologischen Informationen wurden in einer Datenbank gesammelt, die Naturraumdaten für die Auswertung in verschiedenen GIS-Programmen aufbereitet.
Fertig gestellt sind bereits Geländemodelle des Maindreiecks sowie die zugehörige Erfassung der archäologischen Fundstellen:


Überhöhtes Geländemodell des Untersuchungsgebietes Maindreieck (Grundlage DGM 50/M745, © Bundesamt für Kartographie und Geodäsie 2004)   [zoom]
Kartierung der urnenfelderzeitlichen Fundstellen im Untersuchungsgebiet Maindreieck (Geländemodell Grundlage DGM 250, © Bundesamt für Kartographie und Geodäsie 2004)   [zoom]


Kartierung der hallstattzeitlichen Fundstellen im Untersuchungsgebiet Maindreieck (Geländemodell Grundlage DGM 250, © Bundesamt für Kartographie und Geodäsie 2004)   [zoom]
Kartierung der frühlatènezeitlichen Fundstellen im Untersuchungsgebiet Maindreieck (Geländemodell Grundlage DGM 250, © Bundesamt für Kartographie und Geodäsie 2004)   [zoom]


Auch der Glauberg und sein Umfeld sind bereits digital als Geländemodell verfügbar:
Überhöhtes Geländemodell des Untersuchungsgebietes Glauberg(Grundlage DGM 50/M745, © Bundesamt für Kartographie und Geodäsie 2004)   [zoom]



Über die bisherigen Arbeiten informiert die Publikation des Beitrages beim 1. Plenarkolloquium des DFG-SPP 1171 am 25.02.2005 in Bad Herrenalb.
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Stand der Datenaufnahme

Die Aufnahme der archäologischen Ortsinformationen ist für die erste Projektphase im Spätsommer 2005 abgeschlossen worden.
Arbeits- und Datenstruktur   [zoom]
Mehr als 1600 Fundplätze aus den Projektgebieten Maindreieck und Glauberg sind erfasst und kategorisierte worden, weitere ca. 200 Fundplätze aus dem Umland der Heuneburg werden wegen einer abweichenden Datenstruktur nach einer entsprechenden Angleichung aus einer ergänzenden Datenbank in das Hauptformular überführt werden. Ein Fundplatz entspricht dabei häufig mehreren Fundstellen; so wird z.B. eine urnenfelderzeitliche Siedlung, die die gleichen Koordinaten hat, wie ein frühlatènezeitliches Grab als zwei Fundstellen an einem Fundplatz geführt. Die Zahl der erfassten Fundstellen beträgt derzeit ca. 3900.

Fundstellen im Maindreieck   [zoom]
Fundstellen in der Wetterau   [zoom]














Neben den Fundplätzen und Fundstellen liefern vor allem die naturräumlichen Informationen die Grundlagen zu den eigentlichen GIS-gestützten Analysen. Auch hier sind bis zum Sommer 2005 zahlreiche Daten gesammelt und für die Untersuchungen aufbereitet worden. So liegen die Daten für den Jahresniederschlag und die pflanzenphänologischen Werte zum Beginn des Vollfrühlings (Blühbeginn des Apfels) und des Frühherbstes (Fruchtreife des Holunders) ebenso flächendeckend für ganz Deutschland vor, wie die Höhendaten der Digitalen Geländemodelle in verschiedenen Gridweiten (Abstand zwischen der erfassten bzw. interpolierten Meßpunkten). Letztere Daten stammen in 25 m-Grids sowohl aus Beständen des Bundesamtes für Kartographie (DGM50/M745, Gridweite ca. 25 m) als auch aus Satellitenmessungen der sog. SRT-Mission aus Beständen des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (SRTM25, Gridweite 25 m). Grobmaschigere Daten mit Punktabständen von ca. 90 m und von ca. 800 m, die nur für sehr großräumige Analysen geeignet sind, stammen aus den SRTM-Datenbeständen der NASA. Neu hinzugekommen sind die Daten des DGM-D25 (Gridweite 25m), bei denen umfangreiche Tests belegen konnten, dass sie sich für die Untersuchungen des Projektes bezüglich topographischer Faktoren (Höhe, Hangneigung, Hangausrichtung, Reliefenergie, Prominenzindex, Sichtbarkeiten, Topographische Einheiten, ...) am Besten eignen.

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Besiedlungsdichten - Diachroner Vergleich im Maindreieck

Eine der bekanntesten Möglichkeiten zur Visualisierung und Analyse von Besiedlungsdichten ist die Berechnung von Thiessen-Polygonen bzw. Voronoiflächen. Solche Darstellungen geben immer eine Kartierung keinen Zustand zu einer Zeitphase, nicht zu einem Zeitpunkt wieder. Das Bild spiegelt also keine gleichzeitige Besiedlung zu einem Zeitpunkt X wieder, sondern eben die der gesamten Hallstattzeit – soweit wir sie erfasst haben. Dennoch sind solche Untersuchungen essential als Grundlage zur Festlegung von Besiedlungskerngebieten, Besiedlungslücken und Besiedlungsverlagerungen sowie auch als Basis weiterführender Analysen zur Bevölkerungsdichte.(siehe vor allem A. Zimmermann/J. Richter/Th. Frank/K. P. Wendt, Landschaftsarchäologie II – Überlegungen zu Prinzipien einer Landschaftsarchäologie. Ber. RGK 85, 2004 [2005] 37–95).
Schematische Darstellung zur Ermittlung von Besiedlungsdichten nach der Isolinienmethode. Im Bild rechts ist die optimale Isolinie durch eine dickere schwarze Linie verdeutlicht.   [zoom]
Eine neue Möglichkeit zur Analyse und Darstellung von Besiedlungsdichten stellt die Isolinienberechnung auf der Grundlage der Knotenpunkte der Thiessen-Polygone dar, wie sie von der archäologischen Arbeitsgruppe des Rhein-LUCIFS-Projekt der Universität Köln mit der Arbeitsgruppe von A. Zimmermann entwickelt wurde (Zu den mathematischen Grundlagen und zur technischen Durchführung der sehr komplexen Analysen siehe Zimmermann et al. a.a.O.). Basis der Untersuchungen ist die Berechnung von „Fundlücken“ zwischen den Fundstellen durch die Methode des „größten leeren Kreises“, der auf der Grundlage der Knotenpunkte der Thiessenpolygone entsteht. Aus diesen Werten werden dann Isolinien berechnet. Diese Isolinien grenzen Bereiche ab, innerhalb derer bestimmte Abstände zwischen den darin enthaltenen Fundpunkten, in unserem Fall Siedlungen; nicht überschritten werden. Die 4 km-Isolinie umgrenzt also Bereiche, innerhalb derer der größte unbesiedelte Bereich einen Radius von maximal 4 km hat.
Über verschiedene Parameter, u.a. der Anzahl der für jede Isolinienstufe entstandenen Flächen und der Anzahl der innerhalb bestimmter Isolinienflächen enthaltenen Fundstellen können „ideale“ Isolinien herausgearbeitet werden, die Besiedlungskerngebiete wiedergeben. Diese Landschaftsbereiche sind Kerngebiete der Aufsiedlung, außerhalb liegende Fundstellen sind als peripher auch im übertragenen Sinne zu verstehen. Bei ihnen ist z.B. zu überprüfen, ob sie nicht zu Siedlungsgruppen gehören, die nur noch randlich im Arbeitsgebiet erfasst wurden oder ob sie auf Grund ihrer naturräumlichen Lage nicht als Plätze mit einer besonderen Nutzung bzw. Entstehung anzusprechen sind. Dies müssen Detailanalysen dieser Fundstellen ergeben.
Die wichtigste Größe bei der Bestimmung der charakteristischsten Isolinie ist der Zuwachs der Flächengrößen (in der Abbildung links unten). Für das Maindreieck liegt der größte Flächenzuwachs für die Hallstattzeit bei der 2,5 km-Isolinie, sie ist also die für die Besiedlung charakteristischste (in der Kartierung rechts hervorgehoben). Innerhalb dieser Fläche liegen 83 % aller Siedlungen.
Wie auch die unterschiedlichen Verhältnisse der urnenfelderzeitlichen zu den hallstattzeitlichen Fundstellen im Maindreieck im Vergleich zur Wetterau Nahe legen, zeigen sich ganz offensichtliche, regionale Unterschiede in der Besiedlung bzw. der Besiedlungsabfolge der beiden Landschaften.
Darstellung der Besiedlungsdichten im Maindreieck auf der Grundlage der Isolinien (links/grün: Urnenfelderzeit, rechts/rot: Hallstattzeit)   [zoom]
Betrachten wir zunächst die Verhältnisse im Maindreieck. Der Verlauf der Flächenzuwächse jeder Isolinie (untersucht wurden die Isolinien bis 8 km im Abstand von jeweils 500 m) ist relativ regelmäßig mit deutlichen Maxima, die die charakteristischsten Isolinien für jede Zeitstufe angeben.
Für die Urnenfelderzeit ist dies im Maindreieck die 2 km-Linie, d.h. der Bereich, innerhalb dessen die urnenfelderzeitlichen Siedlungen maximal 2 km voneinander entfernt liegen. In diesen Arealen befinden sich 73 % aller Siedlungen. Sie scheinen sich in verschiedenen Zentren zu konzentrieren, die als kleinere Siedlungskammern gedeutet werden können.
In der Hallstattzeit nimmt die Zahl der Flächen deutlich ab, vielmehr wirkt das Kernsiedlungsgebiet im Bereich der 2,5 km-Isolinie fast zusammengehörig. In seinem Bereich finden sich 83 % aller hallstattzeitlichen Siedlungen, der Flächeninhalt hat sich demgegenüber mehr als verdoppelt.
Einer relativ dichten Besiedlung in verschiedenen Gebieten während der Urnenfelderzeit folgt also in der Hallstattzeit eine Zunahme der Besiedlung, die aber gleichzeitig weiter verstreut, also weniger dicht ist. Es werden vermehrt neue Besiedlungsareale erschlossen. Dies zeigt auch ein räumlicher Vergleich der jeweiligen Kerngebiete. Die Areale, die sowohl innerhalb der 2 km-Isolinie der Urnenfelderzeit, als auch innerhalb der 2,5 km-Isolinie der Hallstattzeit liegen, nehmen eine Fläche von ca. 418 qkm ein. Dies sind nahezu 80 % der Siedlungskernfläche der Urnenfelderzeit, aber nur ca. 39 % der Siedlungskernfläche der Hallstattzeit. Die alten Siedlungsgebiet der Urnenfelderzeit sind also weiter benutzt worden und durch neu erschlossene Landschaften erweitert worden.
Der Marienberg nimmt dabei in keiner der Zeitstufen eine zentrale Rolle etwa als Kristallisationspunkt der Besiedlung ein. Zwar befindet er sich immer innerhalb der jeweiligen Isolinien, bildet aber nie das Zentrum einer besonderen Siedlungsdichte. Quellenkritisch lässt sich eine Überlieferungslücke ausschließen, da gerade das Würzburger Stadtgebiet durch Bautätigkeiten, die sehr regelmäßig beobachtet wurden und werden, keinesfalls als schlecht erforscht gelten kann.


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Besiedlungsdichten - Regionaler Vergleich zwischen Maindreieck und Wetterau

Auch regional zeigen sich Unterschiede in der Siedlungsgeschichte. Stellt man die Zahl der Siedlungsfundstellen in den beiden Regionen Maindreieck und Wetterau gegenüber, so fällt auf, dass im Maindreieck - auch gemessen
Anteil der Siedlungen in den untersuchten Zeitstufen im Maindreieck und in der Wetterau (berechnet auf 100 Jahre)   [zoom]
an der Zeitdauer der drei untersuchten Perioden - die Fundstellen der Hallstattzeit vor denen der Urnenfelderzeit überwiegen; im Gegensatzist dazu ist das Verhältnis in der Wetterau umgekehrt. Als Grundlage diente eine grobe Einteilung in die Dauer von 450 Jahren für die Urnenfelderzeit, von 300 Jahren für die Hallstattzeit und von 200 Jahren für die Frühlatènezeit. Die aktuelle Chronologiediskussion wurde dabei nicht berücksichtigt, da sie für die Berechnung nicht relevant gewesen wäre. Die unterschiedlichen Verhältnisse von Siedlungsfundstellen der Urnenfelder- und der Hallstattzeit in der Wetterau und im Maindreieck könnten theoretisch auch durch unterschiedlich große Siedlungen in den beiden Regionen erklärt werden: Wenn in der Wetterau während der Hallstattzeit die Zahl der Bewohner einer Siedlung größer gewesen wäre als im Maindreieck (größere Häuser, größere Siedlungen), dann hätten die beschriebenen Verhältnisse auch gleich sein können. Für diese Annahme finden sich aber keine Belege. Nach wie vor sind aus Hessen noch keine eindeutigen, sichern und vollständigen Hausgrundrisse aus der Hallstattzeit publiziert, doch zeigen die wenigen bekannten Siedlungsausschnitte kein grundsätzlich anderes Bild als in anderen Untersuchungsregionen.
Wahrscheinlich ist, dass tatsächlich - aus welchen Gründen auch immer - die Zahl der Siedlungen und die Zahl der Siedler nach der Urnenfelderzeit in der Wetterau abgenommen hat. Bei der diachronen Analyse von Siedlungsprozessen muss dieser Umstand unbedingt berücksichtigt werden.
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Analysen der Naturraumpräferenzen

Bislang galten erste Analysen unter anderem dem Test der vorhandenen Höhenmodelle (SRTM 25 m, SRTM 100 m, DGM50/M745 25 m, …) auch im Hinblick auf ihre Verwendbarkeit für unterschiedliche Untersuchungen.
Bei der Analyse von Informationen im näheren Umfeld von Fundstellen (Präferenzanalysen von geländemorphologischen Einheiten, Hangneigung oder Hangausrichtung, Erstellung von sog. kostenbasierten Siedlungsumfeldern, …) sind Geländemodelle mit einer Gridweite von 25 m (SRTM 25, DGM50/M745) sehr gut einsetzbar. Der Grad ihrer Detailliertheit ist für derartige Untersuchungen vollkommen ausreichend, die anfallende Datenmenge im Bereich der gewählten Untersuchungsregionen gut zu handhaben. Für Untersuchungen großräumigerer Fragestellungen (z.B. Berechnung von potentiellen Verkehrs- und Kommunikationswegen im Gesamtverbreitungsgebiet der „Fürstensitze“ auf der Grundlage von sog. least cost path-Analysen) sind Geländemodelle mit größeren Gridweiten (90 m, 800 m) sowohl ausreichend als auch von der zu bearbeitenden Datenmenge gut handhabbar. Kleinere Geländesteigungen, die bei diesen grobmaschigeren Modellen oft „herausfallen“, sind bei entsprechenden Untersuchungen großer Gebiete (z.B. Berechnung potentieller, transalpiner Routen von Ober- und Mittelitalien zu den einzelnen „Fürstensitzen“; s.u.) nicht relevant.
Regionalanalysen konnten auf Grundlage der vorliegenden Daten für die Projektgebiete Maindreieck und Wetterau vorgenommen werden. Auffällig sind u. a. die stark unterschiedlichen Größen der potentiellen Siedlungsumfelder durch die Berechnung der „kostenbasierten“ Umfelder um die einzelnen Fundplätze auf der Grundlage der Geländegegebenheiten (Hangneigung abgeleitet aus dem DGM50/M745 und dem SRTM25-Modell, Berücksichtigung von großen Gewässern und Moorgebieten als Hindernisse beim Überqueren; die Möglichkeit der Nutzung von Gewässern – speziell in Fließrichtung – als Verkehrswege, und damit deren Einbeziehung als positiver Faktor, dürfte bei der Erschließung des direkten [wirtschaftlichen] Umfelds einer vorgeschichtlichen Siedlung [z.B. Erreichbarkeit von Ackerflächen] keine Rolle gespielt haben).
Vergleich der Größen potentieller Umfelder hallstattzeitlicher Siedlungen im Maindreieck und in der Wetterau (max. Kostenwert 2000). Kostenberechnung exemplarisch nur auf Basis der Hangneigungsinformationen und der Hauptgewässer   [zoom]

Die Größen potentieller Siedlungsumfelder können wichtige Gradmesser für die Anpassung von Siedlungen an die sie umgebende Landschaft sein. Kleinere Arealflächen bei gleichen maximalen „Kosten“ belegen eine stärker reliefierte Landschaft, die es nötig machte, den Aufwand zu erhöhen, um ein entsprechend nutzbares Umfeld zu erschließen (weitere bzw. schwierigere Wege zu Äckern, Gewässern, Nutzwäldern usw.). Alternativ könnte eine Veränderung von Umfeldarealen auch einer Änderung von Wirtschaftsweisen entsprechen. Kleinere Umfeldareale wären möglicherweise die Ursache für andere Wirtschaftspräferenzen, da Viehwirtschaft problemloser auch mit Waldweide in Gebieten mit stärkerer Reliefenergie durchgeführt werden kann, wohingegen Ackerbau auf ebeneren Wirtschaftsflächen problemloser zu betreiben ist. Die möglichen Auswirkungen unterschiedlich großer potentieller Wirtschaftsflächen innerhalb einer Landschaft, aber auch im Vergleich verschiedener Landschaften untereinander auf das wirtschaftliche Handeln und die daraus abzuleitenden Überlegungen zur kulturellen und sozialen Entwicklung der untersuchten Zeitstufen, wird Gegenstand der Analysen der folgenden Monate sein.
Es ist auf jeden Fall damit zu rechnen, dass bei unterschiedlich ausgestatteten Naturräumen auch eine unterschiedliche Reaktion vorgeschichtlicher Siedler auf ihre jeweilige Umwelt erfolgte. Sie ermöglichte es Ihnen, die (agrikulturelle) Bewirtschaftung optimal an ihre Bedürfnisse und ihre Möglichkeiten anzupassen, wie dies auch in der Wahl ihrer Siedlungsstandorte ablesbar ist.

Untersucht wurden auch Naturraumpräferenzen im chronologischen Vergleich. Zunächst einmal war auffällig, dass das in zahlreichen Regionen Süddeutschlands vorherrschende Verhältnis von einer größeren Anzahl von Siedlungen der Hallstattzeit im Verhältnis zu denen der Urnenfelderzeit in der Wetterau (Umfeld Glauberg) umgekehrt ist. Ob dies mit einer Besiedlungsverlagerung („Zentralisierung“) im Zusammenhang mit dem sich nach den ersten Ergebnissen der Arbeiten des Projekts FÜRSTENSITZ GLAUBERG (H. Baitinger) abzeichnenden Bedeutungszuwachses des Glaubergs in der frühen Eisenzeit zusammenhängt, müssen weitere Analysen klären.
Chronologisch und regional sind signifikante Unterschiede bei den Hangneigungspräferenzen festzustellen.

Hangneigungspräferenzen hallstattzeitlicher Siedlungsfundstellen im Maindreieck und der Wetterau. Dargestellt sind die Anteile der Fundstellen an der Gesamtfundstellenzahl, geteilt durch den Anteil der jeweiligen Hangneigungsstufe am Gesamtarbeitsgebiet   [zoom]

Während im Maindreieck sowohl in der Urnenfelderzeit als auch in der Hallstattzeit schwach geneigte Hänge (2 bis 12 %) bevorzugt besiedelt wurden, wurden in der Wetterau in der Hallstattzeit auch ebene Flächen präferiert. Offensichtlich hat eine Verlagerung der Besiedlung von den leicht geneigten Hängen in die Ebene stattgefunden, deren Gründe durch weitere Analysen noch geklärt werden müssen.
Bei den Hangausrichtungen ergaben sich sowohl für die Wetterau als auch für das Maindreieck keine signifikanten Unterschiede zwischen den Siedlungsfundplätzen der Urnenfelderzeit und denen der Hallstattzeit.
In beiden Gebieten und in beiden Zeitstufen wurden nach NO, O und SO ausgerichtete Hänge – gemessen an deren Anteil am Arbeitsgebiet – deutlich bevorzugt. Die Präferenz dieser windabgewandten, stärker sonnenexponierten Richtungen ist ein deutliches Zeichen für die Anpassung des prähistorischen Menschen an seine Umwelt im Hinblick auf eine Optimierung der landwirtschaftlichen Möglichkeiten.
Hangausrichtungspräferenzen hallstattzeitlicher Siedlungsfundstellen im Maindreieck und in der Wetterau. Dargestellt sind die Anteile der Fundstellen an der Gesamtfundstellenzahl, geteilt durch den Anteil der jeweiligen Hangausrichtungsstufe am Gesamtarbeitsgebiet   [zoom]


Die bereits ermittelten Naturraumpräferenzen sind statistisch signifikant und zeigen eine starke Anpassung an die gegebenen topographischen Möglichkeiten, lassen aber - wie auf Grund der regional unterschiedlichen Relationen von urnenfelder- und hallstattzeitlichen Siedlungen nicht anders zu erwarten - bereits erste chronologische und regionale Unterschiede erkennen. Es wird eine vornehmliche Aufgabe der Analysen der nächsten Monate, aber auch der kommenden Projektjahre sein, die Untersuchungen in den einzelnen Projektregionen zu vertiefen, mit weiteren Naturraumfaktoren zu erweitern, weitere Projektregionen zum Vergleich heranzuziehen und die so gewonnenen Ergebnisse zu interpretieren. Daneben gilt es insbesondere die Abweichungen von den erkannten Mustern zu bestimmen, zu untersuchen und die Gründe dafür im Bezug zum allgemeinen Siedlungsverhalten, aber auch im Bezug zur spezifischen Siedlung und deren Bedeutung zu klären.
Die Hangneigung hats sich als Unterscheidungsmerkmal zwischen den Regionen Maindreieck und Wetterau herausgestellt. Dagegen ist die bevorzugte Hangausrichtung in beiden Regionen zwar chronologisch differnzierbar, nicht jedoch regional.
Bezüglich der Gewässerentfernungen der untersuchten Siedlungsfundstellen ergeben sich ebenfalls keine regionalen und weiterhin auch keine chronologischen Unterschiede. Entfernungen bis zu max. 500 m von Gewässern wiesen im Schnitt ca. 80 % aller Siedlungen in allen untersuchten Zeitstufen sowohl im Maindreieck als auch in der Wetterau auf.
Gewässerentfernungen im Maindreieck und in der Wetterau von der Urnenfelder- bis zur Frühlatènezeit   [zoom]

Nachdem alle angestrebten Analysen zu den Naturraumpräferenzen durchgeführt worden sind, werden ausreichende Grundlagen für eine Interpretation der chronologischen und regionalen Gemeinsamkeiten und Unterschiede vor dem Hintergrund der allgemeinen (kulturellen) Entwicklung von der Urnenfelder- bis zur Frühlatènezeit vorliegen.

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Wege, Räume und Kommunikation

Potentieller Verkehrsweg zwischen der Heuneburg und dem Breisacher Münsterhügel. Kartengrundlage DEM SRTM 25, ©DLR 2004   [zoom]
Im überregionalen Rahmen wurden erste Untersuchungen potentieller Verkehrswege durchgeführt. Im Rahmen sog. least cost path-Analysen wurden potentielle Verkehrswege, z.B. zwischen Oberitalien bzw. Etrurien (Beispiel Este und Tarquinia), Massilia und Süddeutschland ermittelt. Least cost path-Analysen dienen der rechnerischen Optimierung von Verkehrswegen durch die Wahl „kostenminimierter“ Wege auf der Grundlage geringer Hangneigungen und geringer Neigung zum Überqueren großer Gewässer (diese wurden dagegen in Richtung ihres Laufs durch die positive Bewertung der ebenen Flusstäler als mögliche Transportwege im Modell als präferierte Gebiete berücksichtigt). Die berechneten Routen sollen im Laufe der kommenden Untersuchungen gezielt mit dem Verbreitungsbild mediterraner Importware verglichen werden, um so ein Bild über bevorzugte Handels- bzw. Kontaktrouten zu erhalten. Weitere Untersuchungen widmen sich den Verbindungswegen zwischen den „Fürstensitzen“, aber auch innerhalb der einzelnen Projektregionen.

Die Analyse potentieller überregionaler Handels- und Kommunikationswege mit Hilfe GIS-gestützter Verfahren war auch bei den Arbeiten der zweiten Projektphase ein wichtiger Schwerpunkt. Ausgehend von der Prämisse, dass beim Warentransport über längere Strecken in der Vorgeschichte Wege mit geringen Steigungsanteilen (z.B. durch Flusstäler oder über Hochebenen) bevorzugt wurden (z.B. konnte D. C. Batten, Least-Cost Pathways, Communication Routes, and Settlement Patterns in Late Prehistoric East-Central New Mexico. Proceedings CAA Conference 2006, Fargo/ND [USA] [im Druck] für New Mexico belegen, dass Orte untergeordneter Bedeutung immer exakt an den mit Hilfe von least cost path-Algorithmen modellierten Verbindungswegen zwischen Orten übergeordneter Bedeutung lagen, sich folglich an diesen orientierten. Die dabei berechneten Wege basierten ebenfalls auf der Bevorzugung flacher Verläufe bzw. dem Meiden steiler Abschnitte), wurden basierend auf dem Algorithmus von Gorenflo/Gale (L. J. Gorenflo/N. Gale, Mapping Regional Settlement in Information Space. Journal Anthr. Arch. 9, 1990, 240–274. Vgl. ergänzend vor allem P. M. van Leusen, Pattern to process: methodological investigations into the formation and interpretation of spatial patterns in archaeological landscapes. Diss. Univ. Groningen 2002, 6-6) ein Kostenmodell berechnet, bei dem ausgehend von den Hangneigungswerten des digitalen Geländemodells für jede Zelle des Rastergrids die Geschwindigkeit berechnet wurde, mit der diese Rasterzelle von einem mit einem Rucksack beladenen trainierten Fußgänger durchquert werden konnte (der Algorithmus von Gorenflo/Gale 1990 basiert auf älteren Untersuchungen von W. Tobler auf der Grundlage von empirischen Werten bei Tests mit Soldaten, die verschiedene Geländearten durchwanderten). Hohe Werte repräsentieren hierbei hohe Geschwindigkeiten (in km/h), niedrige Werte niedrige Geschwindigkeiten, d.h. ein schwer passierbares Gelände. Ein Invertieren dieser Werte ergab somit für schwer passierbares Gelände hohe Werte, d.h. auch einen hohen Widerstand. Alternativ werden derzeit Kostenmodelle getestet, bei denen die Gehgeschwindigkeit innerhalb einer Zelle in die Gehdauer (min/km) umgesetzt wird, um somit nicht-abstrakte Werte zur späteren Validierung der berechneten Modellwege nutzen zu können. Dabei ist es das Ziel, die Zeit, die zum Erreichen eines Ziels benötigt wird, als Grundlage der Wegfindung zu nutzen, was naturgemäß vor allem flache Streckenabschnitte, für den Fernlasttransport aber besonders auch Flusswege präferiert.
Durch die Zusammenarbeit mit I. Herzog (RAB Bonn) im Rahmen des von ihr gehaltenen Vortrags beim 5. Teilkolloquium „Kulturraum und Territorialität: Archäologische Theorien, Methoden, Fallbeispiele“ ergab sich die Entwicklung eines neuen, verbesserten Algorithmus, aufbauend aus Gorenflo/Gale 1990, und eines Softwareprogramms, mit dessen Hilfe die Berechnung der least cost-Pfade, sowie in einer Weiterentwicklung auch die von kostenbasierten Siedlungsumfeldern vereinfacht und optimiert auf der Basis der Analyse von Nachbarschaftswerten eines digitalen Geländemodells berechnet werden können (im Wesentlichen wurde bislang die shortest path-Routine von ArcGIS 9.1 verwendet). Eine Publikation, die ausgehend von Daten aus Arbeitsgebieten des Projektes „Fürstensitze“ & Umland die verschiedenen, in gängigen GIS-Programmen implementierten Algorithmen mit dem neu entwickelten Verfahren vergleicht, befindet sich in Vorbereitung (I. Herzog/A. Posluschny, Least cost pathes revisited).
Mit Hilfe von least cost path-Algorithmen können in GIS-Programmen die Strecken berechnet werden, die bei der Verbindung von zwei Punkten den geringsten Aufwand, d.h. die geringsten addierten Widerstände ergeben. Entsprechend berechnete Wegstrecken orientieren sich also im Wesentlichen an steigungsarmen Geländeabschnitten und bevorzugen entsprechend u.a. auch Flusstäler. Eine solche Annahme widerspricht der Überlegung, dass auch in der Vorgeschichte bevorzugt Höhenwege zur Vermeidung der Notwendigkeit zum Durchqueren von flussbegleitenden Auensümpfen und zum Überqueren von einmündenden Zulaufgewässern genutzt wurden (z.B. G. Loewe, Fernstraßen der Vorzeit im südwestlichen Vogelsberg. Kreis Büdingen – Wesen und Werden. Bd. 1 [Büdingen 1956] 129–142.). Es deutet sich vielmehr an, dass bei derartigen Überlegungen der Maßstab der Betrachtungen (Fernverbindungen, Kommunikationsrouten zwischen einzelnen Siedlungen einer Landschaft, …) sowie der Grund (Fernhandel, sozialer Kontakt, …) und auch der Zeitpunkt (Sommer [trocken], Herbst [feucht], …) für die Nutzung einer Route ebenso eine Rolle spielen, wie die Frage der Übertragbarkeit von (häufig ebenfalls nur ungenau lokalisierbaren oder gar gänzlich rekonstruierten) mittelalterlichen und neuzeitlichen Befunden (mit anderen verkehrstechnischen Voraussetzungen) auf die Vorgeschichte. Mittlerweile scheinen sich in der archäologischen und historischen Wegeforschung diese neueren Überlegungen mehr und mehr durchzusetzen und das ursprünglich starre Bild der alleinigen Nutzung von Höhenwegen zugunsten einer u.a. jahreszeitlich differenzierten Wegeführung aufzuweichen (E-Mail von U. Spichal [Altertumskommission für Westfalen] vom 26.6.2007). Eine Publikation zur Methodik und zur Diskussion der Rekonstruktion von vorgeschichtlichen Wegen auf der Grundlage von mittelalterlichen und neuzeitlichen Wegen sowie auf der Grundlage der Verteilung von Grabhügeln befindet sich durch A. Posluschny in Vorbereitung.
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Der Glauberg in der Wetterau

Auch der Glauberg ist sicherlich Teil eines überregionalen Verkehrs- bzw. Kommunikationsnetzes gewesen. Ob seine eher randliche Lage zur Kernbesiedlung innerhalb der Wetterau (s.o.) möglicherweise durch eine spezielle verkehrsgeographische Lage an einem vermutlichen Verbindungsweg zu erklären ist, sollte mit Hilfe weiterer Analysen geklärt werden. Nach den Untersuchungen von H. Baitinger zeichnen sich über das Vorhandensein strichverzierter Keramik Beziehungen des Glaubergs zum Hunsrückgebiet im Südwesten einerseits und dem Westhessischen Hügel- und Beckenland sowie dem Westrand des Thüringer Beckens im Nordosten andererseits ab. Sie können als Anzeiger weiträumigerer Verbindungen benutzt werden.
Potentielle Kommunikationswege zwischen den Hauptverbreitungsgebieten strichverzierter frühlatènezeitlicher Keramik. Der Glauberg ist als roter Stern eingetragen   [zoom]
Analog zu den Analysen der Besiedlungsdichten mit der Isolinienmethode wurden auch die Verbreitungszentren der strichverzierten Keramik berechnet. Es zeichnen vier bis 5 dichter belegte Bereiche auf der Grundlage der Kartierungen von Wegner ab – in der Abbildung dunkel unterlegt. Diese wurden als Ausgangs- bzw. Endpunkte von Verkehrs- bzw. Kommunikationswegen benutzt, um auf der Grundlage der Topographie die günstigsten Verbindungswege zu berechnen. Die Abbildung zeigt die so vorgeschlagenen Verbindungswege zwischen den verschieden Verbreitungsschwerpunkten. Wie zu erwarten, läuft ein wichtiger Weg durch die Wetterau. Der Glauberg allerdings liegt mehr als 10 km von dieser Verbindungslinie entfernt. Eine zentrale Rolle auf einer Hauptverbindungslinie zwischen Nordhessen und Thüringen einerseits und Südhessen bzw. dem Hunsrück andererseits scheint er also eher nicht gespielt zu haben. Es hätte sicher im Bereich der Wetterau weitere Höhen gegeben, die ebenfalls zur Anlage einer bedeutenden befestigten Siedlung geeignet gewesen wären und dabei eine bessere verkehrsgeographische Lage aufwiesen.
Um dies zu untermauern bzw. zu hinterfragen, werden wir in der nächsten Zeit auch noch andere Verbindungen, die sich aus dem Fundstoff des Glauberges ergeben, nach diesen Kriterien untersuchen.


Prozessionsstrasse   [zoom]
Was also machte den Glauberg zu einem solch wichtigen Platz? Als Teil der Untersuchungen auf lokaler Ebene wurde die „Prozessionsstrasse“ am „Fürstensitz“ Glauberg hinsichtlich ihrer Ausrichtung analysiert. Mit Hilfe entsprechender GIS-Module wurden Sichtbarkeitsanalysen (Sichtlinien [line of sight] und Sichtfelder [viewshed]) durchgeführt, um die mögliche Ausrichtung der Grabenreihen auf signifikante Punkte in der Landschaft zu überprüfen. Dabei konnten keine Anhaltspunkte dafür gewonnen werden, dass die vom „Fürstengrab“ weg führenden Gräben auf solche Punkte (z.B. markante Bergspitzen oder Taleinschnitte) ausgerichtet wurden. Durch die Zusammenarbeit mit Prof. Dr. B. Deiss, Institut für Theoretische Physik/Astrophysik der Universität Frankfurt, konnten dagegen astronomische Punkte als Grund für den Verlauf der „Prozessionsstrasse“ wahrscheinlich gemacht werden (Vortrag beim 5. Deutschen Archäologenkongress, 4.4.2005, Frankfurt/O., Publikation in Vorbereitung).
Mondwende   [zoom]
Seine Analysen belegen zweifelsfrei, dass die Gräben der „Prozessionsstrasse“ sowie die Gräben und Pfostenstellungen im Bereich des „Fürstengrabes“ zusammen deutliche Hinweise auf die Nutzung als Kalendarium liefern, die so nur an bestimmten geographischen Situationen – wie sie eben beim Glauberg gegeben ist – möglich ist. Konkret sind sie auf den etwa alle 18,6 Jahr wiederkehrenden Punkt der großen südlichen Mondwende ausgerichtet. Dabei bilden die Gräben im Nordwesten des Grabhügels sowie mehrere während der Ausgrabung dokumentierte Pfostenstellungen ein komplexes, mathematisch genau durchdachtes und konstruiertes System zur Beobachtung dieser und weiterer astronomischer Phänomene, die alle die Grundlage für ein Kalendarium sind, das es ermöglichte, langfristige Beobachtungen zur Einteilung von Zeitphasen, speziell jahreszeitlicher Natur, durchzuführen.
Das in der Verlängerung der „Prozessionsstrasse“ ältere Bestattungen liegen, mag vielleicht sogar bedeuten, dass auch diese bereits bewusst dort angelegt worden sind und somit die Möglichkeit besteht, dass die Nutzung von wie auch immer gearteten Befunden als Kalendarium vielleicht schon vor der Frühlatènezeit einsetzte.
Befunde dieser Art sind auch aus dem Bereich der nordamerikanischen Hopewell-Kultur (ca. 200 v. Chr. bis ca. 500 v. Chr.) bekannt, bei der Erdwerke mit eindeutiger Ausrichtung auf lunare Ereignisse (u.a. Große Mondwenden) errichtet wurden (R. Hively/R. Horn, Geometry and Astronomy in Prehistoric Ohio, Archaeoastronomy 4, 1982, 1–20; Dies., Hopewellian Geometry and Astronomy at High Bank. Ebd. 7, 1984, 85–100). Es ist davon auszugehen, dass die Kenntnis kalendarisch wichtiger Zeitpunkte einen entscheidenden Einfluss auf landwirtschaftliche Planungen und Entscheidungen gehabt hat und dass die Person(engruppe), die im „Besitz“ dieser Kenntnisse war, einen entsprechend hohen Status innerhalb der Gesellschaft gehabt hat („Sakralherrschertum“). Bei der Interpretation der Bedeutung der Anlage auf dem Glauberg muss zukünftig diesen neuen Überlegungen Rechnung getragen werden.
Die geplanten geophysikalischen Untersuchungen im Hang- und Hangfußbereich des Ipf und im Bereich des „Heiligtums“ am Moint Lassois werden die Möglichkeit eröffnen, auch hier gezielt nach vergleichbaren Grabenstrukturen Ausschau zu halten, um zu überprüfen, ob die bislang singulären Befunde vom Glauberg, die zumindest einen Teil der umwallten Anlage in den Bereich eines Kalendariums rücken, auch andernorts Parallelen haben. Allerdings ist die Suche nach monokausalen Erklärungen für die Entstehung von Siedlungen mit zentralörtlicher Funktion in verschiedenen Regionen in der frühen Eisenzeit – und dies ist ja eine der Kernfragen des SPP – wenig sinnvoll. Bislang ist der Glauberger Befund singulär – wahrscheinlich wird er es auch bleiben.

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Sichtbarkeitsanalysen

Teil der Untersuchungen zu den Fundstellendichten bzw. -verteilungen waren auch Analysen zum räumlichen Verhältnis von Siedlungs- und (zugehörigen) Grabfundstellen. Wie für das Maindreieck, wo wahrscheinlich gemacht werden kann, dass während der Hallstattzeit zumindest einige der Bestattungsplätze von mehreren Siedlungen aus genutzt wurden, wurden für die Wetterau Sichtbarkeitsanalysen zum Bezug von Grabfundstellen zu den gleichzeitigen Siedlungsfundstellen durchgeführt.
Aussagekräftige Analysen ergaben sich hier bezüglich der urnenfelder- und der hallstattzeitlichen Fundstellen. Zunächst einmal fällt bei letzteren auf, dass fast die Hälfte aller hallstattzeitlichen Bestattungsplätze in einem Umfeld von 5 km nicht von einer hallstattzeitlichen Siedlung aus sichtbar war. Es ist sher wahrscheinlich, dass diese Bestattungsplätze zu Siedlungen gehörten, die noch nicht entdeckt wurden oder dass diese bewusst „versteckter“ lagen.

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Die überwiegende Zahl der Bestattungsplätze war von nur einer Siedlung aus sichtbar; Bestattungsplätze, die von mehreren Siedlungen aus sichtbar waren, sind die Ausnahme. Es scheint also eine direkte Beziehung einer Siedlung zu immer einem Bestattungsplatz bestanden zu haben, die sich in einer Sichtverbindung manifestierte, den Bestattungsplatz im Verhältnis zu anderen Siedlungen aber eher versteckt erscheinen ließ. Insofern ist es auch eher wahrscheinlich, dass die hohe Zahl der nicht von mindestens einer Siedlung aus sichtbaren Bestattungsplätze eher auf Auffindungslücken bei den Siedlungsfundstellen zurück zu führen sind . Auffällig ist vor allem auch der niedrige Anteil von Gräber- und Grabhügelfeldern, die von mehr als einer Siedlung aus gesehen werden konnten.

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Die Verteilung der Gräber insgesamt im Umfeld von 5 km um gleichzeitige Siedlungen zeigt, dass bei der überwiegenden Zahl von Siedlungen in einem Umfeld von bis zu 5 km mehrere Grabfundstellen bekannt sind. Es kann daher davon ausgegangen werden, dass die Verteilung der Grabfundstellen innerhalb der Sichtfelder nicht darauf zurückzuführen ist, dass insgesamt nur wenige Bestattungsplätze in der Nähe lagen, sondern das tatsächlich eine bewusste Zuordnung von Bestattungsplätzen zu zugehörigen Siedlungen und somit eventuell auch eine Aufteilung der Landschaft im Sinne einer Unterscheidung von Plätzen für die Lebenden (Siedlungen) und Plätzen für die Toten (Gräber) beabsichtigt war.



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Kosten und Mühen

Ein wichtiger Aspekt der aktuellen Arbeiten im Frühjahr 2009 ist die Analyse von Siedlungsumfeldern. Üblicherweise werden diese als schematische, kreisrunde Flächen um die Siedlungspunkte angenommen. In Abhängigkeit vom Gelände sind aber die Umfelder um eine Siedlung (im Sinne einer nutzbaren Landschaft) unterschiedlich groß, weil mit unterschiedlichem Aufwand und innerhalb unterschiedlicher Zeit zu erreichen. Basierend auf sog. Kostenoberflächen, wie sie auch schon für die Berechnung potentieller Wegetrassen verwendet wurden (s.o. "Wege, Räume und Kommunikation"), wurden daher um alle Siedlungen die Areale berechnet, die innerhalb von einer Stunde zu Fuß zu erreichen waren.
Derzeit laufen Vergleichanalysen zur Größe der so modellierten Einzugsgebiete sowie der Verteilung naturräumlicher Gunstbereiche innerhalb dieser Flächen.


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Sonne, Mond und Sterne

Dass die Bedeutung der unterschiedlichen "Fürstensitze" und die Gründe, die zu deren Entstehung geführt haben, nicht allgemein gültig beschrieben werden können, kann als eines der wichtigsten Ergebnisse des Projektes "Fürstensitze" & Umland bereits jetzt festgehalten werden.
Neben verkehrsgeographischen Gründen (z.B. Breisach) oder der möglichen Nähe zu Rohstofflagerstätten (evtl. Hohenasperg und das nahe gelegene Eisenerzrevier im Nordschwarwald (G. Gassmann/M. Rösch/G. Wieland, Das Neuenbürger Erzrevier im Nordschwarzwald als Wirtschaftsraum während der Späthallstatt- und Frühlatènezeit. Germania 84, 2006, 273–306) können auch kultisch-religiöse Gründe zu einem Bedeutungsüberschuss und damit zur Herausbildung einer besonderen Siedlung mit sozial und/oder wirtschaftlich vermutlich höher gestellten Personen(gruppen) geführt haben.
Für den Glauberg zeichnen sich über das dort zu vermutende Kalenderbauwerk eben solche Gründe ab, die ein Machtzentrum im kultischen Bereich entstehen liessen. Eine erste ausführlichere Publikation zu diesem Themenbereich durch B. Deiss (Zur Struktur und astronomischen Orientierung der Grabensysteme um die Fürstengrabhügel am Glauberg) finden Sie im Sammelband zum Darmstädter Glauberg-Symposium 2006 (Der Glauberg in keltischer Zeit. Zum neuesten Stand der Forschung. Symposium Darmstadt 14.–16.9.2006. Fundberichte Hessen, Beiheft 6 [Wiesbaden 2008] 279–294).
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Kooperationen

Das Projekt „Fürstensitze“ & Umland sieht sich ganz bewusst einem kooperativen Ansatz verpflichtet. Einerseits sind die benötigten Datengrundlagen, speziell die Fundstelleninformationen, oftmals auch Arbeitsgrundlage anderer Projekte wie z.B. des Projektes „Kulturelle Räume“ – eine Kooperation bei der Datenaufnahme ist also schon allein aus Gründen der Arbeitseffektivität für alle Beteiligten geboten. Andererseits sind die Ergebnisse unseres Projektes auch für die Regionalprojekte von Relevanz, sei es im Kleinen, wie bei der Frage der Sichtbarkeit zwischen den Grabhügeln am Fuße des Ipfs und dem Goldberg oder bei der Bewertung des siedlungsarchäologischen Einzugsgebiets im Umfeld von Pollenprofilen; sei es im Großen wie bei der allgemeinen Bewertung wirtschaftlicher Präferenzen von Siedlungen unterschiedlicher Zeitstellung oder aus unterschiedlichen Regionen. Bei der von den naturwissenschaftlichen Projekten diskutierten Frage nach Konsumenten- bzw. Produzentensiedlungen können die potentiellen Wirtschaftsumfelder der Siedlungen, die mit einem GIS berechnet werden können, eine wichtige Rolle spielen. Über die Kooperation innerhalb des Projektes hinaus sind natürlich auch Kooperationen mit weiteren Partnern geplant bzw. sind bereits in Angriff genommen worden.
Kooperationspartner des Projektes   [zoom]
Neben dem Austausch von Daten, u.a. mit den Projektpartnern im Elsass und in Böhmen (hier sind darüber hinaus auch inhaltlich-methodische Kooperationen geplant), bestehen auf Grund der methodischen Ausrichtung des Projektes „Fürstensitze“ & Umland auch Anknüpfungspunkte mit anderen Projekten, deren Analysen ebenfalls überwiegend mit Hilfe Geographischer Informationssystme durchgeführt werden. Dazu gehören insbesondere Mitarbeiter der Kölner Arbeitsgruppe des RheinLUCIFS-Projekts (A. Zimmermann, K. P. Wendt, Th. Frank) sowie im Bereich der Durchführung von Prädiktionsmodellberechnungen auch B. Ducke von der Universität Kiel.
Da die Übertragbarkeit aktueller Naturrauminformationen auf vergangene Zeiten mitunter nicht problemfrei gelingt, stehen wir im Kontakt mit einer Arbeitsgruppe um R. Gerlach vom Rheinischen Landesamt für Bodendenkmalpflege in Bonn, die sich mit der Rückrechnung speziell von Bodeninformationen beschäftigt. Ein besonderes Anliegen des Projekts „Fürstensitze“ & Umland ist auch die anschauliche Darstellung der Ergebnisse, u.a. in Form dreidimensionaler Fundstellen- und Landschaftsrekonstruktionen. Zu diesem Zweck wurde zusammen mit einem internationalen Konsortium bei der EU ein Projekt zur Erstellung solcher Modelle für den Einsatz online, auf CD-ROM oder auf mobilen Geräten in Museen oder vor Ort beantragt. Der Glauberg und die ihn umgebende Landschaft soll dabei im Rahmen eines Pilotprojektes eine der zu visualisierenden Projektregionen sein.
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SPP goes GoogleEarth

Zur Anzeige der Arbeitsgebiete des Projektes "Fürstensitze" & Umland ist eine GoogleEart-Datei (placemarks) verfügbar, die nach dem Herunterladen als neuer Network Link der aktuellen Ansicht von GoogleEarth hinzugefügt werden kann:
spp_sites_dt.KML (deutsche Version)
spp_sites_en.KML (englische Version)
Falls GoogleEarth bereits installiert und als Standardanwendung zum Öffnen von KML-Dateien eingerichtet ist, lässt sich die Datei nach dem Herunterladen auch durch Doppelklicken öffnen.
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Fernsehbeitrag zum Kalenderbauwerk am Glauberg

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Letzte Änderung: 10.05.2010