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Archäozoologie frühkeltischer Faunenfunde
Archäozoologische Untersuchung der Faunenfunde aus hallstatt- und frühlatènezeitlichen Siedlungen und Gräbern - Studien zur Wirtschaftsgeschichte im Umfeld frühkeltischer Fürstensitze
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Laufende Arbeiten



Archäozoologie - Technische Vorarbeiten

Die Arbeit als archäozoologisches Serviceprojekt im SPP setzt eine zeitnahe, in engem Austausch mit den archäologischen Projekten stehende Aufarbeitung der anfallenden Tierknochenfunde voraus. Zum einen sollen über die Schaffung einer verbesserten, möglichst großen Datenbasis statistisch fundierte Aussagen und Modelle zu den generellen Fragestellungen des SPP erarbeitet werden. Zum anderen soll die zeitliche Nähe zu den archäologischen Untersuchungen die Möglichkeit geben, auf aktuelle, aus den laufenden Projektarbeiten herangetragene Fragestellungen reagieren zu können. Um den daraus resultierenden technischen Anforderungen gerecht zu werden, wurde von K. Schatz teils im Vorfeld, teils im Rahmen des Projekts ein neues, auf MS-Access gestütztes Tierknochendatenbankprogramm entwickelt. Neben der Abstimmung und Optimierung von Erfassungs- und Auswertungsroutinen auf die Erfordernisse im SPP war die direkte Vernetzung mit den ebenfalls überwiegend MS-Access basierten Datenbanken (z. B. Archäodata) der am SPP beteiligten archäologischen Grabungsprojekte ein vordringliches Ziel. Durch die Verwendung eines einheitlichen Datenbankformats entfallen im Vorteil zu den gängigen DOS- bzw. dBase gestützten Tierknochenprogrammen zusätzliche Datenkonvertierungen, was vor allem die befundbezogenen Auswertungen wesentlich beschleunigt.
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- Erarbeitete Datenbasis

Im Rahmen des Projekts wurden über 100000 Tierknochen und -zähne aus 21 Fundkomplexen archäozoologisch untersucht.
Abb. 1: Kartierung der im Rahmen des Projekts untersuchten Faunenkomplexe (Kartengrundlage: TK 1000, Landschaften, 3. überarb. Auflage, 2002.Geoinformationen (c) Bundesamt für Kartographie und Geodäsie, www.bkg.bund.de).   [zoom]
Abb. 2: Datenbasis Tierknochenkomplexe   [zoom]
Die Faunenfunde stammen aus den verschiedenen Arbeitsgebieten der am SPP beteiligten Fürstensitz-Projekte in Baden-Württemberg, Bayern, Hessen und Rheinlandpfalz (Abb. 1). Das Fundaufkommen in den Einzelprojekten war sehr unterschiedlich (Abb. 1 u. 2). Aus der Siedlungskammer der Südlichen Frankenalb, ebenso wie vom Umfeld der Fürstensitze Glauberg und Bad Dürkheim sind aufgrund schlechter Erhaltungsbedingungen nur wenige, kleinere Faunenkomplexe angefallen. Auch stehen aus diesen Regionen kaum Daten aus der Literatur zur Verfügung. Aus den Einzugsbereichen der südwestdeutschen Zentren Hohenasperg, Heuneburg und Ipf konnten dagegen relativ viele und überwiegend große Faunenkomplexe aus unterschiedlichen Siedlungskontexten untersucht werden. Die Fundkomplexe decken hier ein zeitlich hoch auflösendes Spektrum von der ausklingenden späten Bronzezeit bis zur mittleren Latènezeit ab (Abb. 1 u. 2). Zusammen mit den verhältnismäßig umfangreichen Daten aus der Literatur (z. B. archäozoologischen Studien zu den Altgrabungen auf der Heuneburg, zusammengefasst in von den Driesch/Boessneck 1989) stellt sich die Material- bzw. Datenbasis in den südwestdeutschen Untersuchungsgebieten wesentlich besser dar.
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- Auswertungsmethodik

Abb. 4: Nutzungsabhängige Schlachtalterskurven am Beispiel der Rinderfunde aus der Siedlung Hochdorf (überwiegend Arbeitstiere) und der frühlatènezeitlichen Zisterne des Rechteckhofs Osterholz (überwiegend Fleischnutzung).   [zoom]
Abb. 3: Artabhänige Qualitätsmerkmale von Nutztierprodukten   [zoom]
Ein Hauptaugenmerk der archäozoologischen Untersuchungen im Rahmen des SPP galt der Entwicklung der Viehwirtschaft und Versorgungslage der Fürstensitze und ihres ländlichen Einzugbereichs während der Späthallstatt- und Frühlatènezeit. Entwicklungsprozesse, ob fortschreitende Urbanisierung oder andere wirtschaftliche oder soziale Umstrukturierungen, schlagen sich im Tierknochenmaterial vor allem in Veränderungen bei den Nutzungsmustern der Hauptwirtschaftstiere Rind, Schwein und Schaf/Ziege nieder. Diese Haustierarten stehen für unterschiedliche wirtschaftliche Nutzungsmöglichkeiten in unterschiedlichen Lebensphasen. Während das Schwein einseitig der Fleischerzeugung und/oder -versorgung dient, ergeben sich bei den kleinen Hauswiederkäuern Schaf und Ziege und dem Rind mit Fleisch, Milch, Wolle bzw. Leder, Horn und Dung vielseitigere Verwendungsmöglichkeiten (Abb. 3). Beim
Abb. 5: Analyse zur Skelettelementverteilung am Beispiel der frühlatènezeitlichen Rinderknochenfunde aus der Zisterne des Rechteckhofs Osterholz   [zoom]
Rind kann zudem die Arbeitskraft in Feld und/oder Transport eine wichtige wirtschaftliche Rolle spielen. Der optimale Nutzungsgrad ist dabei abhängig vom Lebensalter der Tiere (Abb. 4). Beispielsweise wird die höchste Milch- und Nachzuchtleistung bei Rindern im mittleren Lebensalter erreicht, danach lassen Reproduktionsfähigkeit und Milchleistung allmählich nach. Die höchste Fleischausbeute in Bezug auf Nachzucht- und Futteraufwand wird hingegen schon im jüngeren Lebensalter, mit Erreichen von 80-90 % des Endgewichts erzielt. Danach ist die Kosten/Nutzen- Bilanz von investiertem Futter zu erzieltem Gewichtszuwachs negativ und das weitere „Durchfüttern“ der Tiere im Hinblick auf eine reine Fleischnutzung ökonomisch nicht mehr sinnvoll. Die relativen Anteile der Nutztiere innerhalb eines Fundkomplexes und der Zeitpunkt, zudem sie geschlachtet wurden, können daher gute Hinwiese darauf geben, zu welchem Zweck sie einst gehalten oder verhandelt wurden. Skelettelementanalysen (Abb. 5) und Analysen zu Zerlegungs- und Zubereitungstechniken können darüber hinaus weiteren Aufschluss über „Konsumenten- und Produzentengemeinschaften“, Ernährungsgewohnheiten und sozialen Status einer einstigen Bevölkerung geben.
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- Ergebnisse

Die im Rahmen des Projekts bearbeiteten Untersuchungsgebiete und Fundeinheiten unterscheiden sich hinsichtlich ihrer naturräumlich-geographischen, chronologischen und funktionalen Kontexte und der verfügbaren Datenbasis z. T. erheblich. Entsprechend ist auch der Erkenntnis- bzw. Ergebnisstand in den einzelnen Arbeitsgebieten unterschiedlich. Dennoch zeichnen sich im regionalen und überregionalen und syn- und diachronen Vergleich der Faunenkomplexe Muster in der Viehwirtschaft und Nutzung der Haustiere ab (ausführlich: Schatz/Stephan 2008).
Z. B. finden sich hohe Schaf- und Ziegenanteile (>25%) vor allem in den klimabegünstigten Regionen mit fruchtbaren Böden, wie dem Neckarland (ab der Späthallstattzeit), Breisgau, Mainfranken und dem Vorland der Frankenalb. Diese korrespondieren zumeist mit hohen Feldhasenanteilen in der Wildfauna. Feldhasen finden als klassische Kulturfolger erst mit fortschreitender Erweiterung und Differenzierung der landwirtschaftlichen Feld- und Kulturflächen ausreichende Lebensgrundlagen. In Kombination mit den hohen Anteilen der für Waldweide ungeeigneten Schafe und Ziegen, die gegenüber den Rindern einen geringeren Flächen- bzw. Weidebedarf haben, deuten die hohen Feldhasenanteile auf eine allgemein stärker feld- und ackerbaulich orientierte Land- und Viehwirtschaft in diesen Regionen hin.
Demgegenüber sind in Regionen mit gebietsweise ungünstigeren Voraussetzungen für Ackerbau, wie z. B. der Heuneburg mit ihren bewaldeten Hanglagen und den Vernässungsstandorten der Donauauen, durchweg hohe Schweine- und/oder Rinderanteile und hohe Rothirsch- und Wildschweinanteile in der Wildfauna zu verzeichnen. Hohe Anteile von Wildschwein und Rothirsch deuten auf ausreichend vorhandene Waldeinstände hin, die mit Hausschweinen und Rindern in Waldweide auch wirtschaftlich genutzt werden konnten. Hausschweine und Rinder ermöglichen zudem die Beweidung und Nutzbarmachung der ackerbaulich unbrauchbaren Schwemmgürtel und Auebruchwälder der Flussauen. Insgesamt deuten die hohen Rinder- und/oder Schweineanteile in diesen Regionen auf eine zumindest teilweise den naturräumlichen Gegebenheiten angepasste, stärker fleischwirtschaftlich orientierte Land- und Viehwirtschaft hin.

Ein zweiter Aspekt betrifft die mögliche Unterscheidung von „Konsumenten- und Produzentengemeinschaften“. So fällt bei den frühlatènezeitlichen Faunenkomplexen der Rechteckhofanlage von Osterholz-Zaunäcker und der Bergbau- und Gewerbesiedlung vom Dürrnberg die einseitige Dominanz einer Nutztierart – dem Rind – auf (≥ 70%). Anhand von Alters- und Skelettelementanalysen ist für beide Faunenkomplexe nachgewiesen, dass die Rinderknochen weitgehend von Tieren stammen, die nicht vor Ort gehalten und gezüchtet sondern von außerhalb eingeführt wurden (Schatz/Stephan 2005; s. a. Abb. 4 u. 5; vgl. Pucher 1999). Die stark überhöhten Rinderanteile sind in beiden Fällen Folge einer selektiven Konzentration durch zweckgerichtete Einfuhr. Demnach kann die starke Überrepräsentation einer Nutztierart in einem Faunenkomplex ein erster Indikator für eine Konsumentengemeinschaft sein.

Der letzte Aspekt betrifft die Entwicklung der Nutztieranteile im Laufe der Zeit. Generell ist in allen untersuchten Faunenkomplexen mit ausreichender zeitlicher und statistischer Auflösung eine Abnahme der Schweineanteile von den älteren zu den jüngeren Fundkontexten hin festzustellen. Reziprok dazu steigen die Anteile der anderen Hauptnutztiere Rind und/oder Schaf/Ziege zu den jüngeren Zeitphasen hin an. Da Rind und Schaf/Ziege als Nutztiere wesentlich vielseitigere Verwendungsmöglichkeiten bieten als das Schwein, scheint sich in den Veränderungen bei den Nutztieranteilen von der Späthallstattzeit zur Frühlatènezeit hin ein Trend zur vielseitigeren Land- und Viehwirtschaft abzuzeichnen. Ein Phänomen, das in ähnlicher Weise auch von den am SPP beteiligten archäobotanischen Projekten beobachtet werden konnte (Vorträge Rösch u. Kreuz, 4. und/oder 5. Plenarkolloquium; s. a. Projekt „Archäobotanik Fürstensitze“).

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Analysen der Strontiumisotope - Grundlagen

Abb. 6: Geologie von Südwestdeutschland mit untersuchten Fundorten.   [zoom]
Das Verhältnis der stabilen Isotope 87Sr und 86Sr in Gesteinen unterscheidet sich in Abhängigkeit von deren ursprünglichen 87Rb /86Sr -Verhältnis, d. h. der Art des Gesteins, und dessen Alter. Durch Verwitterung gelangt das Strontium aus den Gesteinen in die oberen Bodenschichten und ins Grundwasser, wird dann von Pflanzen aufgenommen und über die Nahrungskette an Tiere (und Menschen) weitergegeben. Aufgrund der relativ geringen Massenunterschiede der Isotope kommt es weder bei der Strontiumaufnahme durch Pflanzen noch bei Aufnahme, Verstoffwechselung und Einbau des Strontiums in Knochen und Zähne von Tieren zu Fraktionierungen der ursprünglichen im geologischen Untergrund vorhandenen Isotopenverhältnisse.

Die 87Sr /86Sr -Verhältnisse in Knochen und Zähnen von Säugetieren spiegeln deshalb die Isotopensignaturen des biologisch verfügbaren Strontiums in einer bestimmten Region wider. Erfolgt ein Ortswechsel, passt sich das Strontium-Isotopenverhältnis von Knochenmaterial im Laufe der Um- und Neubildung des Knochengewebes an den neuen Aufenthaltsort an. Zahnschmelz, der – im Gegensatz zu Knochen – nach seiner Bildung keinen weiteren Umbauprozessen unterliegt, konserviert dagegen die Isotopencharakteristik des Aufenthaltsortes im Verlauf seines Wachstums. Da die Schmelzbildung schichtweise innerhalb 1-1,5 Jahren erfolgt, kann durch die Messung von Proben an verschiedenen Zahnhöhen die Variation der Isotopenverhältnisse während des Wachstums einzelner Zähne erfasst werden.

Abb. 7. 87Sr/86Sr-Verhältnisse für die wichtigsten geologischen Einheiten Süddeutschlands (Stephan 2009, Abb. 2).   [zoom]
Vorausgesetzt die untersuchten Fundorte liegen in einer hinsichtlich ihrer Strontiumisotopenverteilung geologisch differenzierten Region (Abb. 6 & 7), können Analysen der 87Sr /86Sr -Verhältnisse in archäologischen Faunenfunden Auskunft über die Weideareale der Haustiere und den Import von Tieren geben. Sie ermöglichen so Rückschlüsse auf die Art der Landnutzung in der Umgebung der eisenzeitlichen Siedlungen.
Zu berücksichtigen ist aber, dass die Minerale in Gesteinen unterschiedliche 87Sr /86Sr -Verhältnisse aufweisen und zudem unterschiedlich schnell verwittern können. Dies kann dazu führen, dass die Isotopensignaturen des biologisch verfügbaren Strontiums von denen des geologischen Untergrunds abweichen.




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- Probenauswahl

Abb. 8. Schematische Darstellung des Zahnschmelzwachstums und der Beprobung von tierischen Backenzähnen für Isotopenanalysen am Beispiel eines Pferdeprämolars.   [zoom]
Die Probenauswahl für die Isotopenanalysen erfolgt jeweils nach Abschluss der zoologischen Bestimmung und der Zuordnung der Funde zu archäologischen Perioden. Analysiert werden Zähne der Hauptnutztiere Rind, Schaf/Ziege, Schwein und soweit vorhanden Pferd. Vorrangig werden wenig abgekaute 3. Molaren oder 4. Prämolaren, die das subadulte-adulte Lebensstadium der Tiere repräsentieren, verwendet. Von einigen Individuen werden zusätzlich der 1. und 2. Molar untersucht und somit auch der infantile und juvenile Lebensabschnitt der Tiere erfasst. Jeder Zahn wird je nach Abkauungsgrad an zwei oder drei Stellen entlang der Zahnkrone beprobt, um Veränderungen der Isotopensignaturen während der Bildung des Zahnschmelzes zu dokumentieren (Abb. 8).

Um die Variationen der Isotopenverhältnisse des biologisch verfügbaren Strontiums in der Umgebung der eisenzeitlichen Siedlungen besser einschätzen zu können, wurden zusätzlich 1. rezente Schneckenschalen, Wildtierknochen und Wässer aus dem nahen Umland und 2. eisenzeitliche Funde von Hund und Huhn sowie von Wildtieren mit unterschiedlichen Habitaten wie Rothirsch, Reh, Wildschwein, Biber, Feldhase, Flussmuscheln und Schnecken isotopenchemisch analysiert.

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- Ergebnisse und Interpretation der 87Sr/86Sr-Verhältnisse (s. Schatz/Stephan 2008; Stephan 2009)

Abb. 9. 87Sr/86Sr-Verhältnisse in frühlatènezeitlichen Tierzahnfunden aus Hochdorf und Variationsbreite der 87Sr/86Sr-Verhältnisse in der Umgebung des Fundortes (schwarze Pfeile; s. Abb. 6). Die Messwerte der Zähne eines Individuums sind eingekreist (Stephan 2009, Abb. 5).   [zoom]
Die 87Sr /86Sr -Verhältnisse in den Tierzähnen aus Eberdingen-Hochdorf (Abb. 9) und Walheim weisen auf eine vornehmliche Nutzung von Weideflächen oberhalb von Keuper hin. Als Weidegebiete kommen hier kleinräumige Keuperflächen in der direkten Umgebung der Siedlungen sowie die weiter entfernten Keuperlandschaften des Strombergs im Nordwesten, die Löwensteiner Berge im Nordosten und das Vorland der Schwäbischen Alb im Osten und Süden der Siedlungen in Frage. In geringerem Umfang scheinen die Löß- und Muschelkalk-Regionen in der direkten Umgebung der Siedlungen genutzt worden zu sein. Auffallende Unterschiede zwischen den Weidegebieten für Rind, Schaf/Ziege und Schwein sind nicht zu erkennen. Die Sr-Werte innerhalb der Zähne differieren bei der Mehrzahl der untersuchten Proben nur wenig, d. h. die Tiere haben in einem räumlich begrenzten Gebiet geweidet. Stärker differierende Werte innerhalb einiger Zahnproben besonders vom Pferd (Hochdorf) und Rind (Walheim) belegen, dass sich diese Tiere während des Zahnwachstums in unterschiedlichen Regionen aufgehalten haben und evtl. als Transporttiere verwendet wurden.

Für die Heuneburg-Vorburg und die Heuneburg-Außensiedlung weist gut die Hälfte der Proben für Rind, Schaf/Ziege und Schwein 87Sr /86Sr -Verhältnisse der Schwäbischen Alb (Jura) und des Alpenvorlands (Molasse, Moränen, Löß) auf. Diese Regionen bieten sich aufgrund der geographischen Lage der Heuneburg am Südrand der Schwäbischen Alb als vorrangige Weidegebiete an. Die restlichen Daten bewegen sich im Bereich von Signaturen für Keuper, Buntsandstein und Grundgebirge, was auf Weideland im nordwestlichen Vorland der Schwäbischen Alb und/oder den Südschwarzwald und den Import zumindest einzelner Tiere aus weiter entfernten Regionen hinweist. Funde mit hohen Isotopenverhältnissen datieren überwiegend in die Phase Ha D1, für Ha D3 zeigen die Daten nur ein „Import-Rind“ an. D. h. es zeichnet sich für die ältere Periode mit großer Bevölkerungsdichte, hohem Schweineanteil und großem Fleischbedarf auf der Heuneburg ein Trend zu mehr „Importtieren“ ab, der nach der Brandkatastrophe nicht mehr zu fassen ist.

Die Isotopensignaturen nahezu aller Zahnproben aus der Zisterne in der Rechteckhofanlage Kirchheim-Osterholz „Zaunäcker“ und „Bugfeld“ liegen oberhalb der Signaturen für Löß, das Jura und das Alpenvorland. Da die geologischen Verhältnisse im Impaktkrater Nördlinger Ries sehr komplex sind und die ursprünglichen Gesteine stark verändert wurden bzw. Impaktgesteine wie Suevit neu entstanden, ist auch die Strontiumisotopie in dieser Region sehr inhomogen. Um die Datenbasis der geologischen Strontiumwerte für das Nördlinger Ries zu vergrößern, wurden in sieben Aufschlüssen in unterschiedlichen geologischen Regionen des Rieses (Suevit, Bunte Brekzie, Kalkstein, Granit, Gneis, quartäre Sande) rezente und tertiäre Schnecken, Säugerreste (Reh, Biber) und Wässer beprobt. Die Werte dieser rezenten Proben wie auch der eisenzeitlichen Wildtierfunde aus beiden Fundstellen variieren zwischen 0,7096 und 0,713 und liegen so fast ausschließlich oberhalb der Werte für Löß und Jura. Da der Großteil der Haustier-Strontiumwerte für „Zaunäcker“ und „Bugfeld“ ebenfalls in diesen Bereich fällt, ist es wahrscheinlich, dass die eisenzeitlichen Rinder, Schweine, Schafe und Ziegen überwiegend im Umfeld der Fundplätze geweidet haben. Dass aber auch Tiere aus weiter entfernten Gebieten importiert wurden, belegen sehr hohe 87Sr /86Sr -Verhältnisse eines Schweinezahns. Zum Zeitpunkt der Schmelzbildung an der Krone und in der Mitte des 3. Molaren, d. h. in der 1. Hälfte seines zweiten Lebensjahres, könnte das Tier im Odenwald oder im Schwarzwald gehalten worden sein. Der niedrigere Wert nahe der Zahnwurzel deutet auf den anschließenden Transport in Richtung des Nördlinger Rieses hin.

Die 87Sr /86Sr -Werte der Zähne von Rind, Schaf/Ziege und Schwein von Glauberg „Klause II“ streuen zwischen 0,7093 und 0,712. Der nördlich des Fundplatzes gelegene Vogelsberg, der aufgrund der vulkanischen Gesteine durch niedrige Sr-Isotopenverhältnisse gekennzeichnet ist, zeichnet sich in diesen Werten als Weidegebiet nicht ab. Vielmehr scheinen für alle drei Haustierarten die Rhein-Mainebene und evtl. die Randlagen von Taunus und Spessart als Weideland gedient zu haben (s. Knipper u. a. in Vorber.).
Die Zahnfunde der Haustiere von der Göllersreuther Platte weisen eine etwas höhere Variabilität der Sr-Werte zwischen 0,709 und 0,7132 auf. Neben der Fränkischen Alb wurde hier wohl häufig auch das Keupervorland als Weidegebiet genutzt.

In keinem der untersuchten Fundorte gibt es eindeutige Hinweise auf eine saisonale Weide­wirtschaft über größere Entfernungen. Auffallend sind jedoch die z. T. relativ starken Streuungen sowohl innerhalb einzelner Zähne als auch zwischen einzelnen Individuen einer Tierart. Dies ist ein Hinweis darauf, dass in der Späthallstatt- und Frühlatènezeit unterschiedliche Weidegebiete in der näheren und weiteren Umgebung der Siedlungen genutzt wurden und regelmäßige? Weidewechsel bei ortsfestem Ackerbau erfolgten. Möglicherweise lässt sich dies auf eine saisonale Weidewirtschaft mit kleineren Herden zurückführen, deren Besitzer entweder in den hier untersuchten Siedlungen oder in Weilern und/oder Einzelhöfen in der Umgebung wohnhaft waren. Weidewechsel sind bei kleinen Weideflächen normaler­weise abhängig von der Tierart und der Herdengröße nach einer bestimmten Zeit erforderlich. Aber auch eine Verringerung der Futtergrundlage infolge mangelnder Niederschläge, Über­weidung oder Nutzung größerer Flächen für den Ackerbau kann dazu führen, dass andere, teilweise weiter entfernt gelegene Weidegründe aufgesucht werden müssen. Dies setzt voraus, dass die zur Verfügung stehende Fläche so groß und/oder so divers nutzbar ist, dass sie nur durch ein Verstellen des Viehs genutzt werden kann.


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Einzelbesprechungen – Ipf

Bei den Grabungen am und im Umfeld vom Ipf sind in großem Umfang Tierknochen zur Untersuchung angefallen. Am fundreichsten erwiesen sich die beiden späthallstatt-/frühlatènezeitlichen Rechteckhofanlagen von Kirchheim-Osterholz „Bugfeld“ und „Zaunäcker“. Hinzukommen Funde aus urnenfelder- bis frühlatènezeitlichen Kulturschichten und Siedlungsbefunden vom Ipf-Plateau und seiner Unterburg und zwei kleine Tierknochenkomplexe aus späthallstatt- und früh- bis mittellatènezeitlichen Siedlungsbefunden von Kirchheim-Osterholz „Krummes Gewand“ und Kirchheim-Benzenzimmern „Ohrenberg“.
In den Faunenkomplexen vom Ipf-Plateau und Unterburg deutet sich mit einem starken Anstieg der Schaf/Ziegenanteile in den jüngeren Phasen eine Umstrukturierung der noch in der Urnenfelderzeit vorherrschenden, fleischwirtschaftlich geprägten Nutzierhaltung hin zu einer vielseitigen, auf Milch, Wolle und Fleisch basierten Viehwirtschaft im Frühlatène an. Die beiden Rechteckhöfe von Kirchheim-Osterholz zeigen mit ihrem jeweils einseitig auf portionierte Jungschweinknochen (Bugfeld) bzw. Jungrindknochen (Zaunäcker) konzentrierten Fundspektrum das typische Bild von „consumer sites“, deren Versorgung auf der selektiven Einfuhr bestimmter Fleischprodukte von außen beruhte. Die Faunenfunde vom früh-/mittellatènezeitlichen „Ohrenberg“ belegen dagegen eher eine „normale“ ländliche Ansiedlung, in deren hohen Schaf/Ziegenanteilen sich tendenziell die bei den Faunenkomplexen vom Ipf-Plateau und Unterburg festgestellte Entwicklung zu einer vielseitigeren, auf mehrere Optionen gestützten Viehwirtschaft fortsetzt (Schatz/Stephan 2005; Biel/Stephan/Schatz 2006; Schatz/Stephan 2008; Schatz in Vorber.).
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- Heuneburg

Bei den Grabungen im Bereich der Heuneburg-Vorburg (SPP-Projekt „Heuneburg“) sind in großem Umfang fein datierte Faunenfunde der Zeitstufen Ha D1 und D3 sowie geringere Mengen aus der Stufe Ha D2 untersucht worden. Hinzu kommt ein kleinerer Ha D1-zeitlicher Fundkomplex aus einer älteren Grabung im Bereich des Parkplatzes (Reim 2000).
In den Faunenkomplexen ist eine grundlegende Umgewichtung der Nutztieranteile von Schwein und Rind von Ha D1 nach D2 und D3 nachzuweisen. Die darin bezeugte Umorientierung und Neuorganisation der Versorgung und landwirtschaftlichen Wirtschaftsweise im Umfeld der Heuneburg spiegelt in diesem Fall augenscheinlich die archäologisch belegten, wirtschaftlichen, politischen und strukturellen Veränderungsprozesse des Fürstensitzes im Laufe der Späthallstattzeit wider (Biel/Stephan/Schatz 2006; Schatz/Stephan 2008; Schatz in Vorber.).
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- Hohenasperg

Aus dem Umland des Hohenasperg wurden in Abstimmung mit dem Projekt „Frühkeltische Siedlungsdynamik Hohenasperg“ verschiedene, kleinere Tierknochenkomplexe aus dem urnenfelderzeitlichen Ludwigsburg-Pflugfelden „Hintere Halden“, der Ha D2?-zeitlichen Höhensiedlung „Lemberg“ bei Stuttgart-Feuerbach, den späthallstatt- und frühlatènezeitlichen Befunden von Gerlingen "Bruhweg" und die umfangreichen Fauneninventare der großen, frühlatènezeitlichen Siedlungen Eberdingen-Hochdorf „Reps“ und Walheim „Vordere Burg“ untersucht. Die urnenfelderzeitlichen Faunenfunde von Pflugfelden haben sich als Zeugnisse einer handwerklichen Produktionsstätte herausgestellt, die aufgrund ihres atypischen, selektiven Charakters keine nähere Auskunft über die Viehwirtschaft dieser Zeit geben können. Detailliertere Einblicke in die agrarische Wirtschaftsweise und Versorgungslage in der fruchtbaren Siedellandschaft des Hohenasperg gewähren die Fauneninventare von Walheim und Hochdorf. In beiden Siedlungen zeugen die ausgeglichenen Anteile der Hauptnutztiere Rind, Schwein und Schaf/Ziege übereinstimmend von einer vielseitigen, auf Ackerbau, Textilproduktion und die Eigenversorgung mit hochwertigem Fleisch ausgerichteten Nutztierhaltung. Bei den Rindern stand die Arbeitskraft auf dem Feld und/oder im Transport im Vordergrund, die Schafe wurden in Mischnutzung zur Woll- und Fleischerzeugung und die Schweine zur Fleischerzeugung gehalten (Schatz/Stephan 2005; Biel/Stephan/Schatz 2006; Schatz/Stephan 2008; Schatz 2009c; Schatz in Vorber.).
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- Südliche Frankenalb

Von der Südlichen Frankenalb (Projekt Zentralisierungsprozesse Südliche Frankenalb) wurden Faunenfunde aus den späthallstatt- und frühlatènezeitlichen Siedlungsbefunden der „Göllersreuther Platte“ bei Landersdorf, einem hallstattzeitlichen Palisadengehöft bei Jahrsdorf und einem bronzezeitlichen Depotbefund von der "Schellenburg" archäozoologisch bearbeitet. Die Untersuchungen zu den Knochenkomplexen „Jahrsdorf“ und „Schellenburg“ sind bereits publiziert (Schatz 2009a und Schatz 2009b).
In der späthallstattzeitliche Höhensiedlung „Göllersreuther Platte“ und ihrem frühlatènezeitlichen Nachfolgegehöft zeichnet sich eine ähnliche Wirtschaftsweise ab, wie in den großen frühlatènezeitlichen Siedlungen vom Hohenasperg. Hohe Schaf/Ziegenanteile deuten auf eine, den naturräumlichen Gegebenheiten angepasste, vielseitige Viehwirtschaft hin (Schatz 2 006; Schatz/Stephan 2008; Schatz in Vorber.).
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- Glauberg

Aufgrund der lokal schlechten Erhaltungsbedingungen für Knochen sind bei den Neugrabungen am Glauberg („Projekt Landschaftsarchäologie Glauberg“) nur in den frühlatènezeitlichen Fundstellen „Hunzgrund“ und „Klause I und II“ in größerem Umfang bestimmbare Faunenfunde zu Tage gekommen.
Das Fauneninventar vom „Hunzgrund“ fällt durch eine ungewöhnliche, vom normalen Siedlungsabfall abweichende Zusammensetzung auf. In den Kegelstumpfgruben der Fundstelle fanden sich – z. T. vergesellschaftet mit menschlichen Skeletten – fast ausschließlich besondere Faunenreste, wie (Teil)Skelette von Ferkeln und Iltissen, der Schädel einer Ziege und gezielt nach gelber Farbe zusammengesuchte Schneckengehäuse. Aufgrund verschiedener, taphonomischen Besonderheiten und des selektiven, siedlungsatypischen Charakters könnte es sich bei diesen Funden um rituelle Deponierungen handeln.
Die Faunenreste der frühlatènezeitlichen Siedlungen „Klause I“ und „Klause II“ gehören dagegen mehrheitlich zum typischen Siedlungsabfall. Nach Arten- und Altersverteilung waren die Rinder die Hauptnutztiere, wobei Nachzucht und Milch- und Fleischnutzung im Vordergrund standen (Schatz in Vorber.).
Zusätzlich zu den ausführlichen Einzeldarstellungen der jeweiligen Fachgebiete werden die Ergebnisse aller bioarchäometrischen Untersuchungen an menschlichem Skelettmaterial und tierischen Knochenfunden vom Glauberg in einer gemeinsamen Publikation zusammenfassend dargestellt und diskutiert werden (Knipper u. a. in Vorber.).

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- Bad Dürkheim: Limburg

Aus den Grabungen des Projekts „Bad Dürkheim“ standen lediglich aus den späthallstatt- und frühlatènezeitlichen Siedlungsphasen der „Limburg“ stratifizierte Faunenfunde zur Verfügung. Offenbar wurde in beiden Phasen überwiegend hochwertigeres Jungtierfleisch von Schwein, Rind und Schaf konsumiert und/oder verwertet. Hohe Schweine- und Rinderanteile zeugen von einer an die naturräumlichen Ressourcen angepassten Viehwirtschaft. Während die Schweine und Rinder in den sich nach Osten ausdehnenden Eichen- und Kastanienwäldern des Pfälzer Waldes ein reiches Auskommen in Waldweide fanden, blieb auf den fruchtbaren Böden des Vorderpfälzer Tieflandes im Westen ausreichend Platz für intensiven Ackerbau (Schatz in Vorber.).
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Abschluß der Arbeiten

In der letzten Bewilligungsphase wurden neben der Anwendung klassischer Methoden der Archäozoologie und Archäobotanik auch Modellberechnungen zum landwirtschaftlichen Ertragspotential und zur Landnutzung im Umkreis der Zentralorte Hohenasperg, Heuneburg und Ipf durchgeführt. Damit sollte geklärt werden, ob das naturräumliche Potential und die landwirtschaftliche Produktionskapazität die Zentralisierungsprozesse beeinflussten. Die Modelle wurden im Rahmen einer intensiven interdisziplinären Zusammenarbeit des archäozoologischen Projekts mit den botanischen SPP-Projekten ("Eisenzeitliche Vegetationsgeschichte in Mitteleuropa", "Vegetationsgeschichte Eisenzeit") sowie dem GIS-Projekt ("Fürstensitze und Umland") erarbeitet und auf dem Abschlußkolloquium des Schwerpunktprogramms im Oktober 2009 vorgestellt (Fischer u. a. in Vorber.; Stephan u. a. in Vorber.; Stobbe/Kalis in Vorber.).

Die archäozoologischen Arbeiten werden mit einer Fundplatz-übergreifenden, monographischen Publikation aller Ergebnisse abgeschlossen (Schatz in Vorber.). Die Vorlage und Diskussion der isotopenchemischen Daten erfolgt für die Regionen Hohenasperg, Nördlinger Ries und Heuneburg jeweils gesondert in archäometrischen Fachzeitschriften. Zusätzlich fließen archäozoologische wie isotopenchemische Ergebnisse in die jeweiligen Publikationen der Einzelprojekte ein.
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Letzte Änderung: 31.05.2010